Eine Sicherheitstür online zu kaufen, sollte eigentlich kein Problem sein. Wir haben den Versuch gemacht und zeigen dir, was man von der Customer Journey lernen kann.
Ein regnerischer Tag im Jänner, da meine Wohnungstür eher einem Pappkarton gleicht, bin ich online auf der Suche nach einer Sicherheitstür. Mein erster Weg führt mich zu Google.
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Alle großen Anbieter scheinen relativ breit auf das Themenfeld der Sicherheitstüren zu bieten. Anzeigenerweiterungen werden von den Top Performern zu einem guten Maß eingesetzt. Die Anbieter bringen alle eine Vielzahl von Informationen unter, gehen aber nicht über eine klassische Produktbeschreibung hinaus. Nur ein Anbieter erwähnt die „Kostenlose Beratung“. Bei knapp 3000€+ und einem Customized Produkt eigentlich ein Must have. Einer der bekannteren Anbieter verzichtet komplett auf Anzeigen, liegt aber im organischen Bereich für „Sicherheitstüren“ weit vorne.
In dieser Phase definiert der Kunde oder die Kundin das Relevant Set. Üblicherweise bleiben am Ende der Orientierungs Phase nur eine Hand voll Anbieter übrig. In meinem Fall sind das jene, die bei Google auf Seite 1 sind (Paid + Organic). Da der Markt sehr umkämpft ist, bleibt für Organic zumindest im Shortterm Bereich wie „Sicherheitstüren Wien“ wenig Platz. Es gilt daher mit Content Marketing Long Term Alternativen zu finden und spannende Inhalte zu bieten, die auch bei Google ranken oder gut geplant beworben werden.
Ich klicke mich nun durch die Websites diverser genannter und anderer Anbieter, reihe diese gedanklich mal für mich und frage mich dann eine unendliche Anzahl von Fragen:
Die Seiten der von mir besuchten Anbieter wirken oftmals sehr überladen und das primäre Ziel scheint auf Anbieterseite der telefonische Kontakt zu sein. Klar, der kürzeste Weg zum Ziel.
Ein Angebot bekommt man relativ schnell auf Anfrage. Am Ende läuft es aber darauf raus, dass ich einen Termin mit einem Techniker benötige, der sich meine bestehende Tür mal ansieht. Da ich berufstätig bin, würde ich gerne einfach ein Formular mit 3 Terminwünschen befüllen und dann eine Bestätigung erhalten. Da ohnehin jeder Weg auf einen Techniker rausläuft, könnte man die Journey auch schon dahingehend aussteuern.
Ich befülle also gut 8-10 mehr oder weniger gut konzipierte Kontaktformulare und um eine meiner Fragen unterzubringen, frage ich noch „Wie lange dauert denn der Einbau einer solchen Tür ca.?“ Die Kontaktformulare sind raus, ich erhalte basierend auf meinen ersten Angaben diverse unterschiedliche Rückmeldungen und jede Menge Broschüren, die meist die Inhalte der Website widerspiegeln. Das verwunderliche: Nur gut 20% der Anbieter beantworten meine individuelle Frage überhaupt.
Aus Unternehmenssicht sollte ich jetzt eigentlich ein Hot Lead sein. Die Unternehmen haben alle meine Daten und wissen, dass ich wohl ernsthaft über den Kauf einer RC4 Sicherheitstür nachdenke. Ich habe zudem ja auch Angebote eingeholt.
Was dann passiert verwundert mich enorm: Nur ein kleiner Bruchteil der Anbieter fragt nach 14 Tagen nochmal nach und erkundigt sich nach meiner Telefonnummer, um den Kontakt für eine kostenfreie Besichtigung anzubieten. Bei den anderen Anbietern verstreichen weitere 4 Wochen, bis ein weiterer Anbieter sich meldet und nachfragt, ob ich denn schon eine Entscheidung getroffen hätte. „Ohne Telefonnummer können wir Ihre Anfrage nicht dem Vertrieb übergeben.“, ist ebenfalls eine Info, die ich per Mail erhalte. In Summe versande ich als Lead aber im Vertriebsprozess und höre bis zur Veröffentlichung dieses Artikels im April 2020 nichts mehr viel. Abgesehen von jenem Anbieter den ich selbst dann doch telefonisch zu einem Termin kontaktiert habe. Musterkarte, Vermessung, alles wunderbar. Super freundlich alles klar, nur das geht auch ohne digitaler Vorarbeit.
Irgendwo auf der Strecke bin ich als Hot Lead aber wohl bei vielen Anbietern ausgekühlt, ich habe keine Telefonnummer angegeben und bin damit für den klassischen Vertrieb wohl unspannend. Ich habe nicht selbst proaktiv nach einem Besichtigungstermin gefragt, weil ich noch nicht 100% überzeugt bin. Ich hatte, um ehrlich zu sein, keine Zeit, mich selbst proaktiv zu kümmern.
Genau dieser Prozess des Nurturings (Das hinführen zum Kauf durch Informationen) wird oft außer Acht gelassen. Ist der Kunde oder die Kundin nicht sofort kaufbereit, wird nicht weiter nachgefragt und die Daten liegen (wenn überhaupt) in einer Datenbank. Dabei gäbe es eine Vielzahl an Möglichkeiten, Kontakt zu halten und mein Profil anzureichern. Auch über den Verkauf hinaus. Bspw. liegt eine Fenstersicherung oder Alarmanlage / Rauchmelder … auf der Hand, wenn eine KundIn eine Sicherheitstür gekauft hat. Hier müssen Sales und Marketing aber Hand in Hand arbeiten. Sales kann sich natürlich nicht um alle Leads kümmern. Falls doch, gibt es zu wenig Leads.
Scheinbar bin ich mit der aktuellen Sicherheit meiner Tür unzufrieden, soviel hat der Anbieter ja ebenfalls schon mitbekommen. Nun gilt es ein guter Berater zu sein und mich strukturiert durch den Prozess zu begleiten. Auch wenn ich für keinen Newsletter per se angemeldet bin, könnte man mich auf eine Journey setzen und mir in regelmäßigen Abständen Informationen im Kontext meines Angebots zukommen lassen. Bspw. „Informationen zum Einbau Ihrer Sicherheitstür“, „Sicherheitstüren Test Auszeichnung“, „Sicherheitstür nach Ihrem individuellen Geschmack“ und kurz vor Schluss nochmal einen Extra Rabatt für den letzten Schupps.
Genau die oben genannten Steps vom Erstkontakt, über das Nurturing, zum Kontakt mit einem Servicemitarbeiter, hin zur Nachverhandlung und dem Abschluss und einem späteren Servicetermin lassen sich optimal in einem CRM System abbilden. Der oder die Mitarbeiterin wird dabei mit entsprechenden Empfehlungen durch den Prozess geleitet und sieht jene Kundinnen und Kunden, bei denen er sich wieder mal aktiv melden sollte. Zudem kann er vordefiniert Marketing Snippets selbst auslösen oder wird informiert, wenn ein Kunde solche erhält.
Am Ende entscheide ich mich für den Anbieter eher nach dem Ausschlussprinzip: Lieblos erstellte Angebote, die nach reiner Abwicklung klingen, Unverständliche Formulierungen im Angebot, Nicht beantwortete Fragen von meiner Seite, lange Reaktionszeiten, lieblos umgesetzte Customer Journey und der natürlich der Preis. Schade eigentlich, dass bei einem Produkt von knapp über 3000€ so viel Potenzial in den einzelnen Schritten auf der Strecke bleibt, gäbe es doch mit simplem Mitteln die Möglichkeit, weit mehr aus einem Lead zu machen, als dies aktuell der Fall ist.
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